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Biographische Liederwerkstatt

Musik, Fotokunst, Literatur, Recherche

Modellprojekt des Büros für Konzertpädagogik. Gefördert vom Beauftragten der Bundesregierung für Kultur
und Medien (BKM). In Kooperation mit der Internationalen Bachakademie Stuttgart und der Philharmonie Essen.

Kinder begegnen Senioren. Migranten begegnen Alteingesessenen. Musikalische Alltags-ästhetik begegnet philharmonischer Kultur. Das Medium dieser Begegnungen sind biographisch verankerte „Lebenslieder“ und ihre ganz persönlichen Geschichten.
Viele Menschen haben ein Lieblingslied – und manche haben sogar ein „Lebenslied“: Eine Melodie, die für die Betreffenden mit einer ganz besonderen Geschichte, Stimmung oder Erinnerung verknüpft ist. Stärker als im bloßen Erzählen und Erinnern ist in solchen „Lebensliedern“ kulturelle Identität gespeichert – oft verbunden mit intensiven Emotionen: Uralte Menschen fühlen sich in ihre Jugend zurückversetzt, gestandene Erwachsene werden plötzlich ausgelassen oder verletzlich.

Das Modellprojekt „biographische Liederwerkstatt“ verbindet Elemente aus Musik, Fotokunst, Literatur und journalistischer Recherche zu einer neuen Form von generationsübergreifender Kulturvermittlung.

 

 

Downloads: Materialien zum Gesamtprojekt

Evaluation von Nicole Zielke und Desirée Nehr

Ausführlicher Projektbericht

 

 

Das kulturpädagogische Grundmodell

Zu Beginn des Projektes werden Kinder und Jugendliche aus unterschiedlichen Schultypen in einem Einführungsworkshop als „Liederreporter“ ausgebildet: Sie erhalten ein kurzes Inter-viewtraining, lernen ein Aufnahmegerät zu bedienen und ein Gespräch zu protokollieren.
Anschließend begeben sich die Schülerinnen und Schüler unter professioneller Anleitung auf „Recherche-Tour“: Sie befragen unterschiedlichste Menschen aus ihrem persönlichen Um-feld oder aus ortsansässigen Gemeinden und Sozialeinrichtungen nach „ihren“ Liedern und den dazugehörigen Geschichten oder Erinnerungen. Zusätzlich werden die Interviewpartner fotografisch porträtiert.

Bei der Wahl der Interviewpartner wird ein besonderer Schwer-punkt auf zwei Zielgruppen gelegt.
Auf der einen Seite: ältere und hochaltrige Menschen. Gerade sie haben häufig besonders viel zu erzählen, verfügen oft über einen großen Erinnerungsschatz an Liedern und Melodien. In der „jugendfixierten“ Kulturvermittlung sind sie als Zielgruppe stark unterrepräsentiert – noch immer betrachten manche Kulturträge die vermeintliche „Überalterung“ des Publikums eher als Problem denn als Chance. Spätestens ab dem Moment der eigenen Pflegebedürftigkeit sind alte Menschen dann nur zu oft völlig abgeschnitten vom kulturellen Leben.

Auf der anderen Seite: erwachsene Migranten. Auch sie bringen oft einen großen und faszinierenden Erfahrungsschatz an Liedern und Geschichten mit. Mit dem Angebot klassischer Konzerthäuser können sie sich häufig kaum identifizieren, ihr eigener kultureller Hintergrund findet in der musikalischen „Hochkultur“ wenig Resonanz.

In einer zweiten Projektphase wird das gesammelte Material gesichtet und künstlerisch ausgewertet. Die gesammelten Lieder, Geschichten und Fotos dienen dabei als inhaltlicher „Materialfundus“, der in Neukompositionen und Lesungen sowie in einer Fotoausstellung zum Leben erweckt wird. An dieser künstlerischen Umsetzung sind neben professionellen Musikern auch zahlreiche Laien beteiligt – darunter mehrere Schulklassen, aber auch ein Experimentalchor für Senioren, ein Akkordeonorchester für ältere Erwachsene und ein Ensemble aus jugendlichen und erwachsenen Baglama-Spielern.

 

 

Der Vergleich Essen – Stuttgart

Ganz bewusst haben wir dieses kulturpädagogische Grundmodell an zwei Orten mit unterschiedlichen Co-Referenten und in unterschiedlichen inhaltlichen Kontexten erprobt, um seine Übertragbarkeit auf ganz verschiedene lokale, strukturelle und dramaturgische Situationen zu überprüfen.

 

Das Teilmodul "Mein Lied. My song. Benim şarkım. Moja piosenka" (Essen)

In der Kooperation mit der Philharmonie Essen lage der musikalische Schwerpunkt auf eher volkstümlichem Liedgut: Schlager, Popsongs, Volkslieder unterschiedlichster Herkunft. Als Zielgruppen unserer Recherche konzentrierten wir uns auf „jüngere Alte“ zwischen 60 und 75 sowie auf eher bildungsferne Gastarbeiter- und Aussiedlerfamilien konzentrieren. Die Arbeitsergebnisse des Essener Projektes mündeten in ein philharmonisches Familienkonzert am 29. Juni 2012.

Weitere Informationen zum Essener Projekt

 

Das Teilmodul "Trimum - Wie klingt, was du glaubst?" (Stuttgart)

In Stuttgart lag der Schwerpunkt auf dem Thema „Religion“. Hier wurden wir in der Recherche-Phase gezielt Altenheime, Hospize sowie nicht-christliche religiöse Zentren und Gemeinden aufgesucht und dort nach Liedern und Melodien gefragt, die für ein Glaubenserlebnis oder für eine religiöse Überzeugung stehen. Das Stuttgarter Abschlusskonzert am 20. Juli 2012 trug den Titel „Wie klingt, was du glaubst?“.

Weitere Informationen zum Stuttgarter Projekt

 

Foto und Film

Die Fotoausstellungen

Neben den Abschlusskonzerten waren zwei Fotoausstellungen in Stuttgart und Essen zentrale Elemente der "Biographischen Liederwerkstatt". Die gleichen interviewbasierten "Liedergeschichten", die auch in den Konzerten als Materialfundus dienten, wurden hier noch ein zweites Mal auf visueller Ebene inszeniert. Als fotografische Gastkünstlerin in Essen und Stuttgart sorgte die Kölner Fotokünstlerin Jane Dunker für eine optische Verbindung der beiden Projektmodule.

Exemplarische Fotos und Liedergeschichten (pdf)

Die Fotokünstlerin Jane Dunker


Kino-Dokumentation "Das Lied des Lebens"

Es war ein besonderer Glücksfall, dass die renommierte Dokumentarfilmerin Irene Langemann auf unser Projekt aufmerksam wurde und unsere biographisch-musikalische Arbeit in Stuttgart und Köln/Essen zum Gegenstand eines neunzigminütigen Kinofilmes machte. Dabei konzentrierte sie sich ganz auf die mitwirkenden Senioren im Stuttgarter Altenheim Haus Sonnenberg und im Kölner "Experimentalchor Alte Stimmen".

Weitere Informationen zum Film "Das Lied des Lebens"

 

 

Unterstützer

Das Projekt "Biographische Liederwerstatt“ wird gefördert vom Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages.